In der regelmäßig unregelmäßig erscheinenden Interview-Reihe ist dieses Mal Norton Radaj, sportlicher Leiter des WSK, der Gesprächspartner.
FHT: Wie geht eigentlich der WSK vor, wenn neue Spieler gesucht werden?
Norton Radaj: Zuerst setze ich mit dem Trainer zusammen und stelle mit ihm das Anforderungsprofil zusammen. Welche Typen werden benötigt, welche Attribute hat ein Spieler auf den gewünschten Positionen, etc. – beispielsweise waren in dieser Periode vor allem schnelle, dynamische Spieler mit technischen Fähigkeiten gefragt, die aber durchaus auch noch Perspektivspieler sein können, also noch in der Entwicklung sind.
Unabhängig vom Namen gehe ich dann den nächsten Schritt und sondiere den Markt, befrage Kollegen und persönliche Kontakte, denen ich vertraue, wenn möglich natürlich auch den aktuellen oder frühere Trainer des betreffenden Spielers.
Danach beobachten wir den Spieler und laden ihn in der Regel auch zu einem Probetraining ein, damit sich der Trainer ein Urteil bilden und mir Feedback geben kann.
Gleichzeitig mit dem sportlichen fallen natürlich alle finanziellen Fragen bei der Spielerverpflichtung auch in mein Ressort. Die finanziellen Voraussetzungen bespreche ich mit Oliver (Anm. Heiß – Kassier des Wiener SK) – in diesem gesteckten Rahmen kann ich dann mit den Spielern verhandeln, was nicht immer einfach ist, da das Budget für den sportlichen Bereich zugunsten der Konsolidierung des Vereins zurückgefahren wurde.
FHT: Gibt es eine sportliche Vorgabe für den Trainer?
Norton Radaj: Es muss Schritt für Schritt für gehen – zu allererst steht eine gute Frühjahrssaison im Vordergrund. Ziel ist also den Klassenerhalt so schnell wie möglich sicherzustellen und danach die Weichen für die Zukunft zu stellen. Es ist ja aber leider ein wenig ein Sportklub-Problem, dass die Stimmung zwischen den Extremen pendelt – vom Positiven ins extrem negative und umgekehrt.
FHT: Das mittelfristige Ziel ist aber – vorausgesetzt der WSK schafft den Klassenerhalt – schon eine längerfristige Zusammenarbeit mit dem Trainer?
Norton Radaj: Ja, natürlich – auf dieser Grundlage haben wir auch mit dem neuen Trainer verhandelt. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass die Zusammenarbeit längerfristig ist, das wäre auch wünschenswert.
FHT: Kommen wir kurz zum Nachwuchs, da ich hier ja durch meine redaktionelle Arbeit an der WSK Website einiges mitbekomme. Im Nachwuchs wird mir in Gesprächen öfters vermittelt, dass ein besserer Austausch sehr gern gesehen würde. Könntest Du Dir vorstellen, dass es in näherer Zukunft ein engeres Zusammenrücken von Nachwuchs und Kampfmannschaft gibt – beispielsweise in regelmäßigen Gesprächen zwischen KM und Nachwuchs-Trainern?
Norton Radaj: Ein Austausch wäre natürlich wünschenswert. Ich bin dazu auch persönlich in regem Austausch mit Marco Perez (Anm.: sportlicher Nachwuchsleiter) und es ist definitiv ein Ziel, dass die interne Kommunikation in diesem Bereich verbessert wird.
Dazu bin ich auch ein Verfechter von Vorgaben seitens des Vereines nach denen die Trainer geholt werden, mit abgesteckten Rahmenbedingungen nach denen gearbeitet wird. Das ist in der Vergangenheit nicht immer optimal gelaufen, da jeder Kampfmannschaftstrainer seine Vorstellungen umsetzen wollte. Hier muss der Verein zukünftig deutlich mehr im Vordergrund stehen.
FHT: Das heißt – angesichts des letzten Jahres wenig verwunderlich – zufrieden kannst Du nicht sein?
Norton Radaj: Nein, natürlich nicht. Wir müssen an einen Punkt kommen, wo die Verantwortlichen austauschbar sind und sich die Verantwortlichen nach dem Verein richten – und nicht umgekehrt. Die Leute müssen im Sinne des Vereins handeln – der Verein muss im Vordergrund stehen, das versuche ich vorzuleben.
FHT: Das Geld ist ja sicherlich nicht der Grund für Deine Tätigkeit als sportlicher Leiter?
Norton Radaj: Ja, natürlich – aber soviel bezahlen wie man zeitlich reinsteckt ginge sich sowieso nicht aus. Aber ich mach es gern auf quasi ehrenamtlicher – denn es ist ja beim WSK ohnehin so, dass sicherlich 90% der Arbeit auf freiwilliger Basis abgedeckt wird.
FHT: Kommen wir zurück zum Thema, wie Du den WSK fussballerisch positioniert sehen willst?
Norton Radaj: In ganz kurzen Worten: das spielerische Element muss im Vordergrund stehen. Ein Spieler muss ein gewisses Talent haben, um danach auch mit dem Spielertypen arbeiten zu können. Einsatz und Leidenschaft müssen hier nicht hervorgehoben werden – das sind Grundvoraussetzungen, die ein Fußballer mitbringen muss, der für den WSK spielen will. Wir wollen das Spiel gestalten, dafür brauchen wir die richtigen Spieler.
FHT: Du möchtest aber nicht – sagen wir à la Ajax – ein bevorzugtes Spielsystem von klein bis groß quer durch den Verein ziehen?
Norton Radaj: Nein, das möchte ich nicht. Das ist sehr engstirnig, gerade in den jüngeren Jahrgängen kann und sollte variiert werden. Ein Spieler muss nicht den ganzen Nachwuchs als Verteidiger durchlaufen. Man muss den Jungen die Möglichkeiten von überall etwas mitzunehmen.
In dem Zusammenhang halte ich es auch für wichtig, dass in regelmäßigen Abständen auch die Betreuer der Jahrgänge wechseln, damit alle Beteiligten neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln können. Das praktiziert der WSK im Nachwuchsbereich aber ohnehin derzeit auch schon.
FHT: Nach dem Nachwuchs hab ich das Thema Leihspieler am Zettel stehen – als Beispiel ziehe ich hier Peter Kohlhauser heran, der bei Mistelbach eine sehr erfolgreiche Herbstsaison gespielt hat. Steht man mit den Leihspielern in Kontakt, erkundigst Du Dich über Sie oder verliert man die Leihgaben (oder auch ex-Spieler) zwangsläufig aus den Augen?
Norton Radaj: Die Qualität steht sicherlich im Vordergrund – die Sportklub-Vergangenheit ist nicht entscheidend. Es ist aber auch für mich schöner, wenn man Spieler hochziehen oder zurückholen kann. Bei Kohlhauser haben wir auch zum Beispiel Kontakt mit dem Trainer, auch von (Mit-)Spielern hole ich mir Feedback über ihn ein. Wir müssen dann diesen Spieler genau beobachten – und wir haben aber auch die Verpflichtung sehr offen zu kommunizieren. Es ist für niemanden befriedigend oder sinnvoll, wenn wir den Spieler zurückholen, ohne ihm eine wirkliche Perspektive zu geben.
Dazu kommt natürlich auch – im Fall Kohlhauser – die Möglichkeit eines Aufstiegs in die NÖ-Liga, die ihm auch eine weitere sportliche Entwicklungsmöglichkeit geben würde. Kurz: wir werden seine Entwicklung im Frühjahr sicherlich beobachten.
FHT: Wie man hört, fährt der WSK dieses Jahr auch auf Trainingslager – kannst Du dazu ein paar Worte sagen?
Norton Radaj: Wir werden mit 27 Spielern (plus Trainer, Co-Trainer, Physio und Tormanntrainer) nach Belek in der Türkei fahren – darunter mit Balnik und Kostic zwei Spieler aus dem Nachwuchs, die sich das absolut verdient haben. Das heißt wir können dort sämtliche Spielformen trainieren.
Das Trainingslager war auch ein ausgesprochener Wunsch des Trainers, es freut uns sehr, dass wir dem entsprechen haben können.
FHT: Kann ich mir vorstellen – das Spiel auf Kunstrasen unterscheidet sich ja doch von einer kontinuierlichen Trainingsarbeit auf Rasen.
Norton Radaj: Ja, das war sicherlich auch ein Grund. Dazu kommt, dass der Trainer die Mannschaft in dieser intensiven Wochen noch besser kennenlernt und auch im Bereich Teambuilding sich die Möglichkeiten enorm erweitern.
FHT: Sind im Rahmen des Trainingslager Testspiele geplant?
Norton Radaj: Ja, zwei Tests sind geplant – die Gegner werden wir aber erst in der Türkei festlegen können. Dazu gibt es zwei Trainingseinheiten pro Tag.
FHT: Kannst Du eigentlich etwas dazu sagen wie das Trainingslager finanziert wird – ist hier auch ein Gönner mit am Werk ?(Anmerkung: die beiden Neuerwerbungen Dimic und Djokic wurden durch die Unterstützung von Rade Radonjic, Inhaber der Firma RD Montage, ermöglicht – dem, und darauf legt Norton Radaj besonderen Wert – an dieser Stelle auch nochmal gedankt werden soll).
Norton Radaj: Zuerst zu Rade: es ist bewundernswert – vielen Dank für die Unterstützung bei der Verpflichtung von Djokic und Dimic, wir hoffen, dass wir ihm dieses Vertrauen schlussendlich zurückgeben können!
Das Trainingslager selbst wird von Verein und Mannschaft zusammen finanziert – das ist natürlich ein tolles Zeichen seitens der Spieler und ein Zeichen, dass sich die Spieler auch für die Situation mitverantwortlich fühlen, in der wir uns befinden.
FHT: Letztes Thema auf meiner Agenda sind die großen Baustellen des Vereins – Stichwort WSCK oder auch Stadion. Bist Du hier involviert?
Norton Radaj: Nein, das bin ich nicht – dafür hab ich ein zu großes Betätigungsfeld, das mich zeitlich sehr einspannt, um mich auch hier sinnvoll einbringen zu können. Aber gerade ich – als Ex-WSC Spieler – würde mir natürlich eine für alle Seiten positive Lösung dieser Situation wünschen.
FHT: Vielen Dank für das Gespräch!