JUGOSLAV JE JUGOSLAV
DES LEBM IS AJNE RAJSE, ODA DA FUSBAL ROLD

Es ist uns eine besondere Freude, dass das Flag am 6.11. der Grazer Theatergenossenschaft die Bühne bieten darf – aufgeführt wird das Stück „Jugoslav je Jugoslav“ (Text: Stefan Pawlata & Christian Suchy, Regie: Christian Suchy).

„Jugoslav je Jugoslav“, ein Projekt der „theater.g.schaft – Verein für Sozialgesellschaftliches Theater“  (www.theatergenossenschaft.com)

Donnerstag 6.11.2014
Einlass 20:00 / Beginn 20:30
Dauer ca. 75min
Eintritt Frei
„The Flag“ am Wiener Sport-Club Platz, Alszeile 19, 1170 Wien

Text: Stefan Pawlata und Christian Suchy
Schauspiel: Stefan Pawlata
Regie: Christian Suchy
Slawisch-Coaching: Mario Arar

Zum Stück selbst gibt es umfangreiche Infos – also Zeit nehmen und lesen (zahlt sich aus und macht Lust sich den 6.11. frei zu halten:

„Jugoslav je Jugoslav“ – Hintergründe, Inhalte, Informationen zum Stück:

Stefan Pawlata als Solo-Erzähler und Christian Suchy als Regisseur haben sich mächtig ins Zeug gelegt und nach über einem Jahr Recherche, harter Aussprechübungen und unermüdlichen Probens ein Solo-Theaterstück hingeknallt, das in dieser Form seinesgleichen sucht!

Als Grazer selbstverständlich nicht zuletzt durch Ivica Osim in die höheren, philosophischen Sphären des Fussballs sozialisiert, begann für Pawlata und die Theatergenossenschaft eine Entdeckungsreise in die Geschichte des verblichenen Nachbarstaates.

Was ist Jugoslawien?
Wie hat es begonnen?
Wann und wo ist es gescheitert?

All dies und vieles mehr wird temporeich und witzig anhand der drei-Generationen-übergreifenden, fußballbegeisterten bosnisch-serbischen Familie Begić erzählt, gespielt & gesungen.

Die (Fussball)Geschichte des Vielvölkerstaates, stark verwoben mit der zunehmend heftigen, und – wie könnte es am Balkan auch anders sein – schrägen Familiengeschichte lässt keine Zeit der Ablenkung zu.
Das Stück fesselt in seiner Darstellung, der Dramaturgie und dem dargebrachten Inhalt. Dass Pawlata der kroatisch/bosnisch/serbischen Sprache im Grunde nicht mächtig ist, steigert nur seine Leistung. Geschickt werden Originalzitate und Floskeln eingebaut oder gar ganze Lieder in der Muttersprache der Erzählenden Hauptfigur Darko Begić gesungen.

Ajgendlich hot er gesogd „Jugosloven je Jugosloven“…oba in Estarreich, do sogn de Lajd „Jugoslab“…“Jugoslav“…do is des „Jugosloven“ egal. Briga mene. Do bist a Jugoslav. Jugoslav je Jugoslav.“  (Zitat von Darko aus dem Text „Jugoslav je Jugoslav“)

Über das Stück: 

Einleitung

Der jugoslawische Fußball rollt als Spiegelbild politischer und familiärer Dramen über die Bühne. Mit dem Fußball bricht das Publikum auf zu einer Reise durch das Jugoslawien des 20.Jahrhunderts. Eine ungewollte Reise für den Hauptprotagonisten Darko Begić, die für ihn im Jahr 1992 in Österreich endet. Die Frage nach seiner Identität und Heimat stellt er sich auch 22 Jahre nach seiner Ankunft in Österreich, damit verbunden tauchen Geschichten in ihm auf. Geschichten von seinem Großvater, Vedad Begić, die ihn prägten, oder Geschichten von Roter Stern Belgrad, dem Aufwachsen in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien und dem Zusammenleben in einem Vielvölkerstaat – das im jugoslawischen Fußballnationalteam vor allem von Ivica Osim geprägt wurde.

„Jugoslav je Jugoslav“ ist ein selbst geschriebenes Solo-Erzähltheaterstück für junge Menschen, Anti-FußballerInnen, alle Geschlechter, SportplatzgeherInnen und für die ganze Familie, ein Stück für Theaterbühnen, Fußballkabinen und Räumlichkeiten in Gaststätten.

Das Stück – ein Solo-Erzähltheater

1914…a vichtigs Joahr…am 27.Juni 1914 is da Siniša Begić mit sajna sehr švangeren Frau Fatima Begić und de draj Dechta auf an Familienbesuch von Sarajevo noch Beograd gefohrn. Am nechstn Tog…kako se kaže…Tumulte in Sarajevo, den Estarajchišn Tronfolga hobns dašossn. Franz Ferdinand. Jetzt sans gesessn in Beograd und hobn nimma ham foarn kennan noch Sarajevo.De Adndeda hobns šnel davišd, oba es voa ned kloar, vea gherd vo dazua…vea is vea…Crna Ruka, švoarze Haond, hot de Haond über Mlada Bosna gholtn…junge Bosnia…und de Adndeda voan von Mlada Bosna. Gavrilo Prinćip. Jo…de jungan Bosnia hobn veg vulln aus Estarajch-Ungarn.

Da Siniša Begić hot veg vulln aus Beograd, oba Sarajevo voar zu haaß…zu gefehrlich. Jetzt san sie gebliebn in Beograd. Voadn, bis ols vida viad ruhiger. Oba es is net ruhiga voan. Maj Grosvata is a auf die Veld kumman.“  (Zitat von Darko aus dem Text „Jugoslav je Jugoslav“)

Darko, der Hauptprotagonist, beginnt die Geschichte seines Großvaters, Vedad Begić, zu erzählen, die im Jahr 1914 beginnt. Durch Zufälle siedelte sich die Familie Begić in Belgrad an. Der junge Vedad Begić begann mit dem einzigen Jungen in der Nachbarschaft Fußball zu spielen: Mit Milutin Ivković, dem späteren Kapitän der ersten jugoslawischen Fußballnationalmannschaft, frisch gegründet im neuen Königreich Jugoslawien und 1930 schon dabei bei der Fußball-WM in Uruguay dabei. Mit der Geburt von Vedad Begić beginnt nicht nur die Geschichte der multiethnischen Familie Begić, damit startet auch die Reise durch den jugoslawischen Fußball, die 1992 mit dem Ausschluss des jugoslawischen Fußball-Nationalteams von der Europameisterschaft endet.

Vedad Begić, das ist der Großvater von Darko, dem Erzähler und Hauptprotagonisten der Geschichte. Darko, 1977 in Belgrad geboren, ist 1992 im Chaos des ausbrechenden Bürgerkrieges in Jugoslawien durch Zufall in Österreich gelandet und wird 2014 durch einen zufälligen Auslöser von seiner Vergangenheit eingeholt.

Da Name von majna Šdod, der voa Beograd, „vajse Šdod“. Bielo und Grad. Die vajse Šdod, val durt, vo die Sava in die Donau ajnirinnt, šdehd am Higl a vajse Burg.

Imma vida is Beograd zašterd vordn, net oba unsre Fusbalštadien, denan is nix passierd. In Beograd rinnt die Sava in die Donau. Net vajd veg von der Sava šdehn de Fusbalštadien von Rota Štean Beograd und von Partizan Beograd.

Die Sava is durch des Land grunnan, des nimma gibd. Durch Jugoslavia und sajne Dajle. Durch des Slovenia von Olimpia Ljubljana, des Hrvatska von Hajduk Split und Dinamo Zagreb, und durch des Bosnia Herzegovina von Željeznicar Sarajevo…und FK Sarajevo. Durch des gaonze olde Jugoslavia is sie grunnan, die Sava bis nach Beograd.

Die Sava is grunnan durch des Jugoslavia vom Milutin Ivković, vom Zlatko Čajkovski, Branko Zebec und Ivica Osim, vom Robert Prosinečki , Faruk Hadžibegić und vom Zvonimir Boban, vom Ivica Vastić und vom Zlatko Junuzović…Jugoslav je Jugoslav. To je to. Hot maj Grosvata imma gesogd.
(Zitat von Darko aus dem Text „Jugoslav je Jugoslav“)

Der jugoslawische Fußball gibt dieser Geschichte nicht nur den Rahmen. Anhand von „Jugoslav je Jugoslav“ wird der Zusammenhang von Geschichte und gesellschaftlichen Entwicklungen und Problemen immer wieder sichtbar, vom Beginn im Königreich Jugoslawien über das Jugoslawien von Tito bis hin zu den schweren Ausschreitungen im Maksimir-Stadion von Zagreb im Mai 1990 beim Spiel von Dinamo Zagreb gegen Roter Stern Belgrad.

In dem  Theaterstück ist ein wesentlicher Kern die Politik im ehemaligen Jugoslawien in den 1980er und 1990er Jahren, die sich über den Fußball ausgedrückt hat. Gegipfelt ist dies im Jahre 1992 mit dem Beginn des Jugoslawienkrieges, dem Rücktritt von Ivica Osim als Trainer des Gesamtjugoslawischen Fußball-Nationalteams, dem Ausschluss Jugoslawiens von der Fußball-Europameisterschaft sowie dem Zerfall des Staates – und dem Beginn von Fluchtbewegungen, die vor allem nach Österreich geführt haben. Themen wie Heimatlosigkeit und Identität sind zentrale Teile des Theaterstückes.

I leb seit zvarazvanzig Joar in Estarreich. Sog i Jugoslavia oda Jugoslavien. I vas as net.
(Zitat von Darko aus dem Text „Jugoslav je Jugoslav“)

„Jugoslav je Jugoslav“ ist eine Geschichte über die Zufälle des Lebens, wie aus kleinen, banalen Situationen sich Dramen und Tragödien entwickeln, wie Zufälle den weiteren Weg der Familie Begić bestimmen: Familiendramen, die Liebe (wie zum Fußball)und der Tod (Todesfälle, die zufällig mit dem Fußball im Zusammenhang stehen), Beziehungen und Freundschaften, gestrickt innerhalb von drei Generationen in der Familie Begić.

Untermalt werden die Geschichten immer wieder von slawischen Liedern des Eurovisions-Song-Contest.

Maj Mama hot bevegd ihre Lippn, des hob i gesehn. I bin gaonz noh zu ihr hin. Geflistad hot sie ma in maj Ohr …

Ti znaš da vratiš svijetlo ovom mraku koji osjećam
S tobom sam sretno djete mada tako ti ne izgledam

Godine, korak po korak i sva bol će prestati
Ostat će ova pjesma ja i ti

Ostani kraj mene
Sva moja nada to si ti
Sva moja snaga to si ti
Sva moja sreća i zato ostani
Darko…Ljubavi

Und dann… ‚Darko, du bisd schen… du bisd klug, und widzig bisd du a.‘

Des Faja von da Lajchdrakedn is dalošn. Des Faja zum Leben von majna Mama is dalošn. Und i…hvala Mama…mit Schenhajd, Kopf und Witz verd i gehn majn Weg durch Leben.“
(Zitat von Darko aus dem Text „Jugoslav je Jugoslav“, das Lied entstammt dem Beitrag Bosnien-Herzegowinas zum Eurovision Song Contest 1994, „Ostani kraj mene“ von Alma und Dejan)

Zurück bleiben am Ende der Geschichte Fragen der Identität von Darko und zu seiner Heimatlosigkeit, sowie offene Fragen zum jugoslawischen Fußball: Wie viele Titel hätte dieses jugoslawische Team noch geholt, wenn der Staat und damit die Nationalmannschaft nicht zerfallen wäre? Oder wären aktuelle Nationalspieler Österreichs wie Marko Arnautović, Aleksandar Dragović oder Zlatko Junuzović in Österreich gelandet, wenn der Krieg in Jugoslawien nicht ausgebrochen wäre?

Zur Person Stefan Pawlata und der Idee zum Stück

Stefan Pawlata - Schauspieler, Autor - Darsteller der Rolle des Darko Begic

Stefan Pawlata – Schauspieler, Autor – Darsteller der Rolle des Darko Begic

Das Interesse am jugoslawischen Fußball hat bei Stefan Pawlata mit der WM 1990 angefangen. Stefan Pawlata sieht als achtjähriger seine erste Fußball-WM im Fernsehen, er sieht erstmals das Team von Jugoslawien spielen mit Ivica Osim als Trainer. Derselbe Ivica Osim, der wenige Jahre später als Trainer nach Graz kommt. Als Jugendlicher ist Stefan Pawlata mehr am Mensch Ivica Osim interessiert als an dem erfolgreichen Trainer des SK Sturm Graz.

„Wie kann ich glücklich sein, wenn meine Heimatstadt bombardiert wird.“  Mit diesem Satz von Ivica Osim nach einem Meisterschaftsspiel von Sturm Graz beginnt sich Stefan Pawlata mit dem Krieg in Jugoslawien auseinanderzusetzen, mit der Geschichte des Staates, mit der Politik und mit den Menschen, die durch den Krieg nach Österreich flüchten bzw. aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen mussten. Menschen, die heute unter Anderem im österreichischen Nationalteam Fußball spielen.

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaftliche Anliegen, Kultur, The Flag veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.