Pietätlosigkeit

Wir, die Freund_innen der Friedhofstribüne, wollen mit der Veröffentlichung dieses Briefes Stellung beziehen und zwar für unseren Freund und unser langjähriges Mitglied Erwin Sochurek, einem sanften, großherzigen Menschen und für die vielen Freunde und Freundinnen, FriedhofstribünenbesucherInnen und Bekannten, die ihm seinen Wunsch ermöglichten und sein Andenken hochhalten. Wir wollen damit auch die auf einer bekannten Webseite geäußerten Meinungen zu seinem Tod und das Lächerlichmachen der Solidarität so vieler Menschen entschieden zurückweisen!

Gewidmet „Dem Verfasser”

Zur Einführung noch einmal die vom Verfasser verwendete Textpassage:
„Diese Trivial-Romantik führte sogar so weit, dass man vor ein paar Monaten im „Fußball in Hernals” einem verstorbenen WSK-Anhänger aus Gründen des Totenkults unterstellte, sein „letzter Wunsch” sei ein Begräbnis in der Nähe des Platzes gewesen. Der Verfasser ist sich sicher, dass das nicht der Fall gewesen war. So meschugge ist hoffentlich keiner, dass er für solchen Unsinn ausgerechnet seinen „letzten Wunsch“ verschwenden würde.”

Sie führen seit Jahren einen virtuellen Kleinkrieg in Ihrem Blog gegen einen Fußballverein und die dort handelnden Personen, bei dem es in erster Linie darum geht, alle diese Menschen lächerlich zu machen. Dabei wurden von Ihnen wiederholt grenzüberschreitende Beleidigungen publiziert. Ich weiß, wir leben in modernen Zeiten, in denen im Internet sehr einfach jeder seinen Müll abladen kann; eine neue Form der Nachrichtenübertragung und -verbreitung. Was früher journalistischer Sorgfalt unterlegen ist, kann jetzt ungeprüft, schrankenlos veröffentlicht werden. Ohne jede Recherche, ohne über eine Materie wirklich Bescheid zu wissen, ohne jede redaktionelle Schranken. Diese neue Freiheit kann man sehen wie man will, aber sie bedeutet nicht, dass Unwahrheiten, Beleidigungen und in meinem Fall Verletzungen von Pietätsgefühlen unwidersprochen verbreitet werden können! In Ihrem Fall von jemandem, der weder den Verstorbenen, seine Angehörigen, noch seine Freunde etc. kennt, sich aber aus dubiosen Gründen des Internetkriegs gegen einen Fußballverein bemüßigt fühlt, seinen pietätlosen Senf dazu abzugeben. Warum? Kennen Sie keine Grenzen? Anscheinend nicht.
In ihrem blinden Hass auf diesen Fußballverein gehen sie sogar soweit, eine menschlich vorbildliche Fanaktion in den Dreck zu ziehen. Nun könnte ich mir denken, das Ganze reihe sich nur in eine lange Kette von Beleidigungen, die Sie in den vergangenen Jahren publiziert haben. Sozusagen nichts Neues. Aber diesmal haben Sie für mich eine Grenze überschritten, nicht nur weil ich davon persönlich betroffen bin (deswegen war meine Reaktion auch emotionaler als sonst), nein, sie hätten diese Grenze für mich auch überschritten, wenn ich den Verstorbenen gar nicht gekannt hätte.

Gut, in meinem Fall haben Sie aber damit einen Menschen getroffen und verletzt, der im Unterschied zu Ihnen, den Verstorbenen Erwin Sochurek sehr gut gekannt und schätzen gelernt hatte. Das Wort Freund wird oft sehr inflationär verwendet, hier steht es tatsächlich für alles, was man so gerne damit verbindet. Erwin war schon sehr lange vor seinem Tod in einer prekären gesundheitlichen Situation, wie ich selbst in dieser Zeit. Das schweißte uns noch mehr zusammen als üblich, wir versuchten uns gegenseitig Mut zu machen, nicht Aufgeben war die Devise. Gemeinsam versuchten wir Rückschläge zu überwinden, wenn wir zum Beispiel gar nicht mehr in der Lage waren, aus dem Haus zu gehen oder auf unseren geliebten Fußballplatz zu kommen. Keine Ahnung, ob Sie selber schon einmal in so einer Lage gewesen sind, kann ihnen aber versichern, dass man da sehr viel über den Tod nachdenkt. Natürlich in erster Linie, wie man diesem entgehen kann. Aber auch ebenso darüber, was passiert, wenn nicht. Die Angst davor, alles könnte auf einmal vorbei sein, ist eigentlich das Schlimmste dabei.

Sie können mir glauben, an diesem täglichen Kampf um das Überleben ist auch für Fußballerotiker, wie Sie uns in ihrem Pamphlet nennen, nichts Romantisches! Ja, wir zwei Meschuggenen, so nennen Sie uns in Ihrem Geschreibsel, haben uns, um diesem Tod leichter in die Augen sehen zu können, gewünscht, wenn er denn schon unvermeidlich sein sollte, dann wollen wir wenigsten hinter unserem liebsten Ort begraben werden, weil das halt zufällig möglich ist, denn hinter unserer Tribüne oder in unmittelbarer Nähe befinden sich zwei Friedhöfe. Das diente wie gesagt gar nicht dazu, um im Voraus unsere Begräbnisse zu planen, wir hätten beide gar nicht das nötige Geld dazu gehabt, um ein solches Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wir stellten uns auch keine Heldengräber vor, wie sie es in weiteren Verunglimpfungen nennen, sondern ein ganz normales Grab, wie es tausende andere Wiener auf den Friedhöfen haben. Nichts Besonders. Das einzig Besondere sollte die Nähe zu unserer Tribüne sein. Es half uns wie gesagt, die Gedanken an den Tod erträglicher zu machen. Also eine, wie wir damals dachten, unrealistische Wunschvorstellung, die wir uns aber trotzdem gönnten.
Der Erwin hatte seinen Kampf ums Überleben heuer leider verloren. Und ich damit einen guten Freund und Weggefährten. Auch ich wäre nicht in der Lage gewesen, dem Erwin ein normales Begräbnis und Grab zu ermöglichen, dazu reichen, wie oben erwähnt, meine finanziellen Möglichkeiten bei weitem nicht aus, denn auch ganz ohne Heldenbrimborium kostet so eine Grabstelle einen Haufen Geld, völlig egal auf welchem Friedhof. Für sehr viele Menschen, mehr als Sie sich vielleicht vorstellen können, ein unerschwingliches Privileg. Ich Rate Ihnen, einmal über das Gräberfeld am Zentralfriedhof zu gehen, das für Armenbegräbnisse der Stadt Wien reserviert ist, Sie werden darüber erschrecken, wie viele das eigentlich sind.

Und hier beginnt für mich das Perfide und völlig Unverständliche an Ihren Ausführungen. Kenne Ihre tatsächlichen finanziellen Umstände nicht, aber ich nehme an, Sie verfügen über genügend Geld, um wenigstens für ein ganz normales Grab auf einem der Wiener Friedhöfe vorgesorgt zu haben. Aus dieser Position heraus machen Sie sich über Menschen lustig, die das nicht können und deshalb in einer gemeinsamen Spendenaktion versuchen, die nötigen Mittel dafür aufzutreiben. Unglaublich eigentlich! In einem ihrer Mails wörtlich: „Sie Empörter, sie!“ Ja ich bin darüber empört, entsetzt und verletzt. Mir ist im wahrsten Sinne des Wortes zum Speiben, und die beiden letzten Tage nach dem Lesen ihrer Zeilen waren alles andere als einfach für mich.

Aber zurück in die Vergangenheit. Für mich war es einer der schönsten Momente im Zusammenhang mit der Friedhofstribüne, als einige andere Freunde und Freundinnen vom Erwin aufstanden und meinten, nein, wir wollen unseren Erwin nicht in einem Armengrab verscharren lassen, wir versuchen mit einer Spendenaktion das nötige Geld für ein normales Begräbnis und Grab zusammenzulegen. Ja, ich habe wirklich geheult darüber, als es tatsächlich realisiert werden konnte. Vereinsübergreifend trudelten die Gelder ein, die Neusiedler, die zum Erwin eine besondere Beziehung hatten, organisierten eine eigene Spendensammlung, die Fans vom Erzrivalen Vienna und viele andere mehr. Es gibt viele schöne Geschichten im Fußball, aber diese gehört für mich persönlich zu den schönsten!
Das Transparent der Viennafans für den Erwin hängt noch heute im Stadion!

Sie sind der erste Mensch, und garantiert auch der einzige, der dieser Aktion und damit auch meinem Freund Erwin noch einen Fußtritt versetzt. Ihre Beweggründe sind leicht durchschaubar, es ist der oben erwähnte Hass auf diesen Verein, der Sie leider viel zu oft verleitet, völlig den Rahmen zu verlieren. Sie haben mit keinem von uns vorher gesprochen, kennen überhaupt keine Zusammenhänge und schreiben in Ihrem Blog über Dinge, von denen sie keine Ahnung haben, in einer Art und Weise, dass einem das Grausen kommt. Jedenfalls mir und vielen anderen auch. Darauf habe ich im Sportclubplatzforum reagiert, wie ich meine, in angemessener Form. Zu den von Ihnen angedrohten gerichtlichen Schritten: Sie verkennen die Situation, nicht ich bin der Täter, Sie sind es. Opfer- Täterumkehr, Sie machen es sich sehr einfach. Kein Wort der Einsicht, im Gegenteil Sie legen in einer weiteren Publikation noch ein Schäuferl nach.

Andi Luf

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